Der Optionsscheinpreis – Innerer Wert und Zeitwert

Im vorherigen Kapitel hast Du schon einiges über die Funktionsweise von Standard-Optionsscheinen gelernt. Nun möchten wir die Preisbildung von Optionsscheinen näher beleuchten und auf ein Beispiel eingehen.

Preisbestandteile eines Optionsscheins

Der Preis eines Standard-Optionsscheins setzt sich grundsätzlich aus zwei Komponenten zusammen:

Optionsscheinpreis = innerer Wert + Zeitwert

Innerer Wert

Der innere Wert ist der Betrag, den ein Du bei Ausübung des Optionsscheins erhalten würdest.

  • Call-Optionsschein:
    Innerer Wert = (Kurs Basiswert – Basispreis) × Bezugsverhältnis
  • Put-Optionsschein:
    Innerer Wert = (Basispreis – Kurs Basiswert) × Bezugsverhältnis

Wenn das Ergebnis negativ ist, wird der innere Wert auf null gesetzt. Mit anderen Worten: Der Innere Wert kann nicht negativ werden.

  • Ein Optionsschein ist „im Geld“, wenn er einen positiven Inneren Wert hat.
  • Er ist „am Geld“, wenn Kurs und Basispreis gleich sind.
  • Er ist „aus dem Geld“, wenn der Wert rechnerisch negativ wäre. Wie oben erwähnt, wird der Innere Wert aber in der Praxis auf null gesetzt.

Zeitwert

Der Zeitwert ist die Differenz zwischen dem aktuellen Marktpreis des Optionsscheins und seinem inneren Wert. Er spiegelt die Chance wider, dass sich der Basiswert bis zum Laufzeitende noch vorteilhaft bewegt.

Beispiel: Liegt ein Call aktuell nur „am Geld“, hat er vielleicht keinen oder nur einen geringen inneren Wert – dennoch wird er zu einem Preis über null gehandelt. Dieser Aufschlag ist der Zeitwert.

Warum gibt es den Zeitwert?

  • Er berücksichtigt die Restlaufzeit: Je länger die verbleibende Laufzeit bis zum Laufzeitende, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass der Optionsschein ins Geld kommt.
  • Er spiegelt die Erwartungen des Marktes: Hohe erwartete Volatilität beim Basiswert bedeutet größere Chancen auf starke Kursbewegungen in die für den Optionsscheininhaber günstige Richtung – und damit einen höheren Zeitwert.
  • Durch eine im Zeitablauf sinkende Restlaufzeit baut sich der Zeitwert kontinuierlich bis zum Laufzeitende ab. Dann besteht der Optionsscheinpreis nur noch aus dem Inneren Wert.

Preisbeeinflussende Parameter

Blicken wir nun noch etwas tiefer in die Preisbildung von Optionsscheinen. Dies ist wichtig, weil es neben dem Kurs des Basiswerts noch einige weitere Faktoren gibt, welche teilweise einen sehr bedeutenden Einfluss haben:

  1. Kurs des Basiswerts – Ist entscheidend für den inneren Wert.
  2. Restlaufzeit – Durch eine im Zeitablauf sinkende Restlaufzeit baut sich der Zeitwert kontinuierlich bis zum Laufzeitende ab.
  3. Implizite Volatilität (erwartete Schwankungsbreite) Je mehr Schwankung beim Basiswert erwartet wird, desto höher der Zeitwert (für Calls und Puts).
  4. Zinsniveau – Bei Calls: Höhere Zinsen erhöhen den Zeitwert. Bei Puts ist es umgekehrt: Höhere Zinsen reduzieren den Zeitwert.
  5. Dividenden – Erwartete Dividendenzahlungen können den Preis von Calls verringern und von Puts erhöhen.

Wichtig: Alle aufgelisteten Parameter zusammen ergeben den Optionsscheinpreis. Der Einfluss eines einzelnen Parameters kann jedoch isoliert betrachtet werden. Beispiel: Wenn der Kurs des Basiswerts steigt, ist das für einen Call grundsätzlich positiv. Wenn aber gleichzeitig die Restlaufzeit oder die implizite Volatilität sinkt, ist es dennoch möglich, dass der Optionsschein nur leicht oder sogar gar nicht steigt.

Zusammenfassung

Der Preis eines Optionsscheins setzt sich aus innerem Wert und Zeitwert (für die Wahrscheinlichkeit zukünftiger vorteilhafter Entwicklungen) zusammen. Entscheidend beeinflusst wird der Optionsscheinpreis durch Kurs des Basiswerts, den Basispreis, die Laufzeit, die implizite Volatilität, das Zinsniveau und durch erwartete Dividenden.